MANUEL FRICK
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Stadtrat will künftig «Lies!»-Aktionen verhindern

Die Zürcher Sicherheitsdirektion hat allen Gemeinden empfohlen, Gesuche der «Lies!»-Koranverteiler abzulehnen. Die Stadt Winterthur will sich daran halten. Der Standbetreiber droht mit rechtlichen Schritten.

Die Forderung, die «Lies!»-Verteilaktion aus der Marktgasse zu verbannen, steht schon lange im Raum. Für ein Verbot gebe es keine rechtliche Grundlage, hiess es bisher vonseiten der Stadt. Nun könnte der Wind drehen: Der Zürcher SP-Regierungsrat Mario Fehr hat gestern ein Gutachten vorgestellt, das eine rechtliche Handhabe gegen die Koranverteiler aufzeigt.

Auch der Hintergrund der Gesuchsteller zählt

Bei der Bewilligung von Verteilaktionen dürfen laut dem Gutachten nicht nur die verteilten Schriften, sondern auch «der Hintergrund und die Ideen der gesuchstellenden Personen und Organisationen» berücksichtigt werden. Dazu zählen auch laufende Strafverfahren gegen Gesuchsteller sowie ihre Verbindung zu der in Deutschland verbotenen Gruppierung «Die wahre Religion» und zu Personen, die für Milizen wie den IS oder al-Qaida kämpfen.

«Wir finden es sehr diskriminierend, dass unsere Standaktion verboten werden soll.»

Winterthurer Standbetreiber S.

Auf dieser Grundlage empfiehlt Fehr den Gemeinden, künftige Verteilaktionen zu unterbinden. In Winterthur sind laut Auskunft der Stadt zurzeit weder Standaktionen bewilligt noch entsprechende Gesuche pendent. Die Winterthurer Sicherheitsvorsteherin Barbara Günthard-Maier (FDP) zeigt sich erfreut über die Neuigkeiten aus Zürich: Die Stadt werde «das empfohlene Vorgehen voraussichtlich so rasch als möglich anwenden».

«Ein Verdacht reicht nicht, es brauche harte Fakten.»

Auch bei der SVP stösst Fehrs Empfehlung auf Wohlwollen. «Das wird unseren Forderungen gerecht», sagt Fraktionspräsident Daniel Oswald. Etwas verhaltener reagiert SP-Co-Präsident Christoph Baumann: Es sei richtig, ein Zeichen gegen extremistische Tendenzen zu setzen, sofern konkrete Straftatbestände vorlägen. «Ein Verdacht reicht jedoch nicht, es braucht harte Fakten.»

Der Stand des Winterthurers S. im März in der Marktgasse: Die Lies-Logos sind verschwunden, die Korane stammen noch immer von der mittlerweile in Deutschland verbotenen Organisation «Die wahre Religion». Bild: zvg

Als Gesuchsteller für die Stände, an denen «Lies!»-Korane aufliegen, tritt seit langem der Winterthurer S. auf. Die Extremismusvorwürfe weist er zurück und bezeichnet das Verbot als «sehr diskriminierend». Zurzeit sei zwar keine Standaktion geplant, er werde sich jedoch auch in Zukunft nicht davon abhalten lassen und rechtliche Schritte prüfen, falls ein Gesuch abgelehnt würde.

Mario Fehr stellt Forderungen an den Bund

Sicherheitsdirektor Mario Fehr empfiehlt indes nicht nur den Gemeinden, gegen «Lies!» vorzugehen. Der Bund solle, gestützt auf das neue Nachrichtendienstgesetz, den Schweizer Ableger der Organisation «Die wahre Religion» verbieten.

 

Text: Manuel Frick
Bilder: Manuel Frick / zvg
Publiziert: 06.05.2017
Medium: Der Landbote